Die Frage, ob auch öffentlich-rechtliche Datenbanken dem Sui-generis-Schutz der §§ 76c ff. UrhG unterliegen, wurde vom Obersten Gerichtshof (OGH) in einem Provisorialverfahren erstmalig 2002 für das Firmenbuchs bejaht4. Er folgte ohne Einschränkungen Dittrich5, dass der für schlichte Datenbanken bezweckte Investitionsschutz auch der öffentlichen Hand zugutekommen müsse, die ja auch das Investitionsrisiko trage. Der Zweck der Richtlinie – den Schutz von Datenbanken im Binnenmarkt zu vereinheitlichen – erfordere es, den Schutzumfang einheitlich zu regeln. Dies wurde u.a. von Dittrich6 und Gaster7 ausführlich analysiert und begrüßt. Ein Urheberrechtsschutz gem. § 40 Abs. 2 UrhG wurde vom OGH unter Hinweis auf § 7 Abs. 1 UrhG (Bekanntmachung) verneint (kritisch dazu Schildberger8).
Die österreichische Justiz bietet seit 1993 Firmenbuchauszüge online für die Öffentlichkeit an (ursprünglich als sogenannte «auswärtige Abfrage» über Bildschirmtext mit einem Preis pro Bildschirmseite). Seit 1999 bietet sie Firmenbuchabfragen über sogenannte Verrechnungsstellen (private Vertriebsfirmen) im Internet entgeltlich an (ursprünglich um einen Fixbetrag mit einer Zeilengebühr, nunmehr um eine produktabhängige Fixgebühr). Gleichzeitig erging die Vorgängerregelung16 der Anmerkung 17 zu Tarifpost 10 des Gerichtsgebührengesetzes (GGG)17, die klarstellt, dass die Firmenbuchdatenbank eine geschützte Datenbank im Sinne des § 76c UrhG ist18. Eine analoge Bestimmung findet sich in Anmerkung 16 zu Tarifpost 9 GGG für das Grundbuch.
Die erste wesentliche Änderung der PSI-RL 2013 findet sich in Art. 3 Abs. 124. Dieser verpflichtet die öffentlich-rechtlichen Körperschaften grundsätzlich zur Herausgabe ihrer Dokumente, es sei denn deren Bereitstellung fällt nicht unter ihren öffentlichen Auftrag25, die Dokumente stehen im geistigen Eigentum Dritter26, sie sind nach den Zugangsregelungen des Mitgliedsstaats nicht zugänglich (einschließlich aus Gründen der Staats- und öffentlichen Sicherheit, der statistischen Geheimhaltung oder der Geschäftsgeheimnisse)27, für den Zugang ist ein rechtliches Interesse nachzuweisen28, sie enthalten lediglich Logos, Wappen und Insignien29 oder es finden sich darin geschützte personenbezogene Daten30. Weitere Ausnahmen gibt es noch für Rundfunkanstalten, Bildungs- und Forschungseinrichtungen sowie kulturelle Einrichtungen (ausgenommen Bibliotheken, Museen, Archive)31.
Die Höhe der Lizenzgebühr wird nach objektiven, transparenten und nachprüfbaren Kriterien im Voraus zu berechnen35 und festzulegen36 sein. Gemäß § 1 Abs. 237 Gerichtsgebührengesetz38 sind die Gebühren für Abfragen auf das Firmenbuch so zu bemessen, dass sie wenigstens die laufenden Kosten sowie einen angemessenen Zuschlag zu den Wartungs-, Sicherungs- und Weiterentwicklungskosten decken. Daher wird eine Lizenzgebühr unter Zugrundelegung der Kosten der Erfassung, Erstellung, Reproduktion und Verbreitung der Firmenbuchdatenbank zuzüglich einer angemessenen Gewinnspanne im Sinne des Art. 6 Abs. 2 lit. b) i.V.m. Abs. 3 der PSI-RL 2013 festzusetzen sein.
Peter Hubalek, Leiter der Abteilung für Informations- und Kommunikationstechnik in der Präsidialsektion im Bundesministerium für Justiz, peter.hubalek@bmj.gv.at.
- 1 Art. 3 (2) Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass die Gesellschaften und sonstige anmelde- oder mitwirkungspflichtige Personen und Stellen alle Urkunden und Angaben, die nach Artikel 2 der Offenlegung unterliegen, spätestens ab dem 1. Januar 2007 in elektronischer Form einreichen können. Die Mitgliedstaaten können außerdem den Gesellschaften aller oder bestimmter Rechtsformen die Einreichung aller oder eines Teils der betreffenden Urkunden und Angaben in elektronischer Form vorschreiben. Alle in Artikel 2 bezeichneten Urkunden und Angaben, die spätestens ab dem 1. Januar 2007 auf Papier oder in elektronischer Form eingereicht werden, werden in elektronischer Form in der Akte hinterlegt oder in das Register eingetragen.
- 2 Art. 3 (3) Eine vollständige oder auszugsweise Kopie der in Artikel 2 bezeichneten Urkunden oder Angaben muss auf Antrag erhältlich sein. ... Ab einem von jedem Mitgliedstaat festzulegenden Zeitpunkt, spätestens aber ab dem 1. Januar 2007 müssen Kopien gemäß Unterabsatz 1 von dem Register wahlweise auf Papier oder in elektronischer Form erhältlich sein. ...
- 3 Art. 3 (3) ... Die Gebühren für die Ausstellung einer vollständigen oder auszugsweisen Kopie der in Artikel 2 bezeichneten Urkunden oder Angaben auf Papier oder in elektronischer Form dürfen die Verwaltungskosten nicht übersteigen.
- 4 Beschluss vom 9. April 2002, 4 Ob 17/02g.
- 5 Einige Bemerkungen zum Schutz schlichter Datenbanken, ÖBl 2002, 3 ff.
- 6 Dittrich, Anmerkung zu OGH 9, April 2002, 4 Ob 17/02g in ÖBl 2003, 54.
- 7 Gaster, CR 8/2002, S 599 ff.
- 8 Schildberger, Der urheberrechtliche Schutz amtlicher Datenbanken, 2007, S 59 f.
- 9 Die Kosten, die der Republik Österreich im Zusammenhang mit den Aktualisierungsdaten für das Firmenbuch entstehen, sind Kosten der Datensichtung, -auswertung und -darstellung mit dem (einzigen) Ziel, die jeweils aktuellen Daten in der Datenbank Firmenbuch bereitzustellen. Die Aktualisierungsdaten sind kein Nebenprodukt eines vorgelagerten eigenständigen Zwecks; sie müssen verarbeitet werden, um den primär intendierten Datenbankinhalt für den Abruf aktuell und geordnet aufzubereiten. Die damit in Zusammenhang stehenden Kosten dienen deshalb der Darstellung des Datenbankinhalts und sind keine Kosten der Datenerzeugung. Sie sind somit als wesentliche Investition i.S.d. §§ 76c, 76d UrhG berücksichtigungsfähig. Der festgestellte Investitionsaufwand der Klägerin im Zusammenhang mit der Errichtung und dem Betrieb der Datenbank Firmenbuch ist jedenfalls seinem Umfang nach als wesentliche Investition zu beurteilen. An dem schon im Sicherungsverfahren gewonnen Ergebnis, wonach das Firmenbuch unter das besondere Schutzrecht für Datenbanken nach § 76d UrhG fällt, in das durch den fortdauernden unautorisierten Bezug von Aktualisierungsdaten eingegriffen wird, ist daher festzuhalten.
- 10 Eine öffentliche Einheit, die eine Datenbank erstellt und sich sodann zum Schutz der in dieser Datenbank aufgenommenen Daten auf Recht des geistigen Eigentums, vor allem das genannte Schutzrecht sui generis beruft, ist nicht allein aus diesem Grund unternehmerisch tätig. Eine öffentliche Einheit ist nicht verpflichtet, die freie Verwendung der von ihr erfassten und der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellten Daten zu gestatten. Ein Hoheitsträger kann zu Recht davon ausgehen, dass es erforderlich und nach seinen nationalen Rechtsvorschriften sogar geboten ist, die Weiterverwendung der Daten, die in einer Datenbank enthalten sind, zu untersagen, damit das Interesse, das die Gesellschaften und die sonstigen Rechtsträger, die gesetzlich vorgeschriebene Erklärungen abgeben, daran haben, dass die betreffenden Informationen nicht außerhalb dieser Datenbank weiterverwendet werden, gewahrt wird (Randziffer 47).
- 11 Diese Richtlinie stützt sich auf die geltenden Zugangsregelungen der Mitgliedstaaten und lässt diese Regelungen unberührt. Sie gilt nicht in den Fällen, in denen Bürger oder Unternehmen im Rahmen der Zugangsregelung ein besonderes Interesse am Zugang zu den Dokumenten nachweisen müssen.
- 12 Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass in den Fällen, in denen die Weiterverwendung von Dokumenten, die im Besitz öffentlicher Stellen sind, erlaubt wird, diese Dokumente gemäß den Bedingungen der Kapitel III und IV für kommerzielle und nichtkommerzielle Zwecke weiterverwendet werden können. Die Dokumente werden, soweit möglich, in elektronischer Form zur Verfügung gestellt.
- 13 Diese Richtlinie enthält keine Verpflichtung zur Gestattung der Weiterverwendung von Dokumenten. Die Entscheidung, ob eine Weiterverwendung genehmigt wird, ist Sache der Mitgliedstaaten bzw. der betreffenden öffentlichen Stelle. Diese Richtlinie sollte für Dokumente gelten, die für die Weiterverwendung zugänglich gemacht werden, wenn öffentliche Stellen Lizenzen für Informationen vergeben oder diese verkaufen, verbreiten, austauschen oder herausgeben. ... Die Richtlinie stützt sich auf die geltenden Zugangsregelungen der Mitgliedstaaten und berührt nicht die einzelstaatlichen Vorschriften über den Zugang zu Dokumenten. Sie gilt nicht in den Fällen, in denen Bürger oder Unternehmen die Dokumente nach der einschlägigen Zugangsregelung nur erhalten können, wenn sie ein besonderes Interesse nachweisen können.
- 14 Soweit Gebühren erhoben werden, dürfen die Gesamteinnahmen aus der Bereitstellung von Dokumenten und der Gestattung ihrer Weiterverwendung die Kosten ihrer Erfassung, Erstellung, Reproduktion und Verbreitung zuzüglich einer angemessenen Gewinnspanne nicht übersteigen. Die Gebühren sollten für den entsprechenden Abrechnungszeitraum kostenorientiert sein und unter Beachtung der für die betreffenden öffentlichen Stellen geltenden Buchführungsgrundsätze berechnet werden.
- 15 Soweit Gebühren erhoben werden, sollten die Gesamteinnahmen die Gesamtkosten der Erfassung, Erstellung, Reproduktion und Verbreitung von Dokumenten zuzüglich einer angemessenen Gewinnspanne nicht übersteigen, wobei gegebenenfalls die Selbstfinanzierungsverpflichtungen der betreffenden öffentlichen Stelle gebührend zu berücksichtigen sind. Die Erstellung umfasst das Verfassen und das Zusammenstellen; die Verbreitung kann auch die Anwenderunterstützung beinhalten. Die Kostendeckung bildet zuzüglich einer angemessenen Gewinnspanne, im Einklang mit den geltenden Buchführungsgrundsätzen und der einschlägigen Methode der Gebührenberechnung der betreffenden öffentlichen Stelle, eine Gebührenobergrenze, da überhöhte Preise ausgeschlossen sein sollten. Die in dieser Richtlinie festgelegte Gebührenobergrenze berührt nicht das Recht der Mitgliedstaaten bzw. der öffentlichen Stellen, niedrigere oder gar keine Gebühren zu erheben; die Mitgliedstaaten sollten den öffentlichen Stellen nahe legen, Dokumente zu Gebühren bereitzustellen, die die Grenzkosten für die Reproduktion und Verbreitung der Dokumente nicht überschreiten.
- 16 Firmenbuchdatenbankverordnung 1999, BGBl. II Nr. 240/1999.
- 17 Bundesgesetz vom 27. November 1984 über die Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren BGBl. Nr. 501/1984.
- 18 Der Bund ist im Sinn von § 76d UrhG Inhaber des Schutzrechtes an dieser Datenbank. Die Befugnis zur Firmenbuchabfrage nach Tarifpost 10 Ziffer IV und die Entrichtung der Gebühren nach dieser Tarifpost berechtigen nicht zu Verwertungshandlungen, die dem Bund als Datenbankhersteller nach §§ 76c ff. Urheberrechtsgesetz vorbehalten sind.
- 19 Für den Standpunkt der Beklagten ist aus dem Bundesgesetz über die Weiterverwendung von Informationen öffentlicher Stellen (Informationsweiterverwendungsgesetz-IWG) mit dem die Richtlinie 2003/98/EG über die Weiterverwendung von Informationen zu öffentlichen Sektors (PSI-RL) umgesetzt worden ist, deshalb nichts zu gewinnen, weil daraus eine Verpflichtung der öffentlichen Hand in ihrem Besitz befindlichen Dokumente unentgeltlich zur Verfügung zu stellen, nicht abgeleitet werden kann (vergleiche § 7 IWG).
- 20 Zur Frage des vorlegenden Gerichts, ob die PSI-RL die Antwort auf die erste und zweite Frage beeinflussen kann ist schließlich festzustellen, dass diese Richtlinie nach ihrem neunten Erwägungsgrund keine Verpflichtung zur Gestattung der Weiterverwendung von Dokumenten enthält. Zu dem fällt der Zugang zu Firmenbuchdaten nicht unter das IWG, mit dem die Republik Österreich die PSI-RL umgesetzt hat. Daher ist diese Richtlinie für die Frage, ob die Weigerung, eine Weiterverwendung von Daten zu gestatten, im Kontext des vorliegenden Ausgangsverfahrens wirtschaftlichen Charakter hat, irrelevant.
- 21 «Does the Directive on the Re-use of Public Sector Information affect the State’s database sui generisright?», veröffentlicht in J. Gaster, E. Schweighofer & P. Sint, Knowledge rights – Legal, societal and related technological aspects, Austrian Computer Society, 2008, S 137–169.
- 22 Der urheberrechtliche Schutz amtlicher Datenbanken, 2007, S 72.
- 23 Richtlinie 2013/37/EU vom 26. Juni 2013 mit dem die PSI-Richtlinie 2003/98/EG über die Weiterverwendung von Informationen des öffentlichen Sektors geändert wird. Gemäß Art. 2 ist diese Richtlinie bis zum 18. Juli 2015 von den Mitgliedstaaten in nationales Recht umzusetzen.
- 24 PSI-RL 2013 Art. 3 Abs. 1 – Vorbehaltlich des Abs. 2 stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass die Dokumente, auf die diese Richtlinie gemäß Art. 1 anwendbar ist, gemäß den Bedingungen des Kapitel III und IV für gewerbliche und nichtgewerbliche Zwecke weiterverwendet werden können.
- 25 PSI-RL 2013 Art. 1 Abs. 2 lit. a).
- 26 PSI-RL 2013 Art. 1 Abs. 2 lit. b).
- 27 PSI-RL 2013 Art. 1 Abs. 2 lit. c).
- 28 PSI-RL 2013 Art. 1 Abs. 2 lit. ca).
- 29 PSI-RL 2013 Art. 1 Abs. 2 lit. cb).
- 30 PSI-RL 2013 Art. 1 Abs. 2 lit. cc).
- 31 PSI-RL 2013 Art. 1 Abs. 2 lit. d)–f).
- 32 PSI-RL 2013 Art. 5 Verfügbare Formate (1) – Öffentliche Stellen stellen ihre Dokumente in allen vorhandenen Formaten oder Sprachen und, soweit möglich und sinnvoll, in offenem und maschinenlesbarem Format zusammen mit den zugehörigen Metadaten zur Verfügung.
- 33 PSI-RL 2013 Art. 6 Abs. 3.
- 34 PSI-RL 2013 Art. 8 Abs. 1 – Öffentliche Stellen können die Weiterverwendung ohne Bedingungen gestatten oder aber, gegebenenfalls im Rahmen einer Lizenz, Bedingungen festlegen. Diese Bedingungen dürfen die Möglichkeiten der Weiterverwendung nicht unnötig einschränken und nicht der Behinderung des Wettbewerbs dienen.
- 35 PSI-RL 2013 Art. 6 Abs. 3.
- 36 PSI-RL 2013 Art. 7 Abs. 3.
- 37 Die Gebühren für Abfragen aus öffentlichen Büchern, Urkundensammlungen sowie einsichtsfähigen Registern und anderen IT-Anwendungen aus dem Tarif sind so zu bemessen, dass sie wenigstens die laufenden Kosten sowie einen angemessenen Zuschlag zu den Wartungs-, Sicherungs- und Weiterentwicklungskosten decken.
- 38 Bundesgesetz vom 27. November 1984 über die Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren BGBl. Nr. 501/1984.